Frei wie ein Fisch
- Träume müssen gelebt werden -
Tauchen und das mit Behinderung?
Geht das überhaupt?
Diese Frage beantworte ich mit einem eindeutigen
JA!
Es gibt viele Menschen, die das Tauchen als Hobby haben. Die meisten davon haben keine Behinderung. Ich tauche trotzdem und bin sehr stolz darauf. Daher möchte ich gerne etwas von meiner Unterwasserleidenschaft präsentieren und hoffe damit noch weitere Taucher mit und ohne Behinderung dafür zu gewinnen.
Wie kam es dazu, dass das Tauchen meine große Leidenschaft wurde?
Als ich 2005 die Rehacare in Düsseldorf, eine internationale Fachmesse für Rehabilitation, Pflege, Prävention und Integration besuchte, lernte ich einen Verein kennen, der Tauchen für Menschen mit Behinderung anbot. In der Unterhaltung wurde mir das Taucherlebnis so schmackhaft gemacht, dass ich direkt im selben Jahr an einem Schnuppertauchen des Vereins teilnahm. Als ich beim Schnuppertauchen ankam, wurde ich von mehreren Tauchern mit Behinderung, einem Ergotherapeuten und einem Tauchlehrer empfangen. Zunächst gab es eine theoretische Einführung über die Grundlagen des Tauchens. Anschließend ging es zum praktischen Teil über. Wir gingen zu viert ins Wasser, wo diverse Übungen mit mir durchgeführt wurden, die erst einmal nicht sonderlich positiv für mich waren. Ich war zu aufgeregt und hatte Angst keine Luft mehr zu bekommen. Durch meine Körperbehinderung konnte ich den Reflex meiner Nase, ein- und ausatmen zu wollen, nicht kontrollieren. Der Versuch wurde abgebrochen. Die Taucher jedoch meinten, ich solle unbedingt wieder kommen, da sie dann für mich eine Vollgesichtsmaske mitbringen würden. Damit sollte es dann schon klappen. In der Zwischenzeit sollte ich mit einem Schnorchel das kontrollierte Atmen üben. Das tat ich auch und der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten.
Nach zwei Monaten fuhr ich erneut in das Schwimmbad, wo das Schnuppertauchen stattfand und probierte das Tauchen für Menschen mit Behinderung ein zweites Mal aus. Diesmal mit der Vollgesichtsmaske. Das Gefühl war einzigartig! Zum ersten Mal spürte ich die Schwerelosigkeit. Nach dem Tauchgang spürte ich eine Entspannung, die über mehrere Stunden anhielt. Da war mir sofort klar, dass ich eine neue Sportart für mich entdeckt hatte.
Ich wollte unbedingt tauchen. Und nun?
Da der Ort des Schnuppertauchens relativ weit von meinem Wohnort Bielefeld entfernt war, musste ich selbst aktiv werden und so schaffte ich es, nicht ohne einige Stolpersteine, dafür aber mit viel Herzblut und Engagement, das Tauchen für Menschen mit Behinderung auch in Ostwestfalen zu etablieren. Mittlerweile tauche ich regelmäßig im Tauchclub Aquatica e. V. Oerlinghausen, wo ich die Abteilung, in der Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam tauchen, mit aufgebaut habe. Da ich mir sicher war, dass Tauchen mein Sport ist und bleibt, habe ich mir über die Zeit Stück für Stück eine eigene Tauchausrüstung, die teilweise individuell für meine Bedürfnisse angefertigt und angepasst wurde, zugelegt.
Wie taucht man denn jetzt eigentlich als Rollstuhlfahrer?
Zugegeben, es ist für mich eine organisatorische Herausforderung diesen Sport zu betreiben, aber nur bis ich im Wasser bin. Dann fühle ich mich frei wie ein Fisch. Meine Assistenten begleiten und unterstützen mich bei dem Anziehen des Tauchanzuges, dem Transport der Sauerstoffflasche und dem Transfer ins Wasser, wo sie mich nach dem Tauchgang auch wieder in Empfang nehmen. Im Wasser erwarten mich dann zwei nach den speziellen IDDA-Richtlinien (International Disabled Divers Association) geschulte Tauchassistenten, die mich unter Wasser begleiten, denn die Sicherheit muss natürlich gewährleistet sein.
Tauchen nur im Schwimmbad?
Seitdem ich gemerkt habe, was ich mir mit dem Tauchen selbst ermöglichen kann, habe ich begonnen, auch mal außerhalb der sicheren Gewässer des Schwimmbades zu tauchen. Natürlich ist das Tauchvergnügen vor allem auf Reisen für mich wieder mit viel Organisation verbunden, bei der mich meine Assistenten tatkräftig unterstützen. So habe ich es mittlerweile geschafft, verschiedenste Unterwasserwelten zu erleben. Besonders fasziniert hat mich das Taucherleben auf den Philippinen. Die wundervolle Natur und die gigantische Artenvielfalt der Unterwasserbewohner haben jede vorherige Anstrengung wieder wett gemacht. Einen Kontrast dazu und eine ganz andere Art von Herausforderung stellte das Tauchen in Österreich dar. Bei einer Lufttemperatur von 8 Grad und einer Wassertemperatur von 12 Grad war ich durchaus froh über meinen passgenauen Trocki mit Unterzieher.
Lohnt sich denn der ganze Aufwand?
Während des Tauchens und unmittelbar danach machen sich positive körperliche Veränderungen bemerkbar, die bis zu mehrere Stunden lang anhalten. Meine Körperbehinderung verbessert sich deutlich. Durch die Bewegung im Wasser werden die Gelenke und der Knochen- und Bandapparat nicht zu sehr belastet, auch zeigen sich positive Effekte in den Bereichen Koordination und Kondition, sowie Muskelaufbau. Natürlich ist es im Allgemeinen notwendig, vor dem Taucherlebnis eine medizinische Untersuchung vornehmen zu lassen, doch viele Menschen mit Behinderung hätten grundsätzlich die Voraussetzung diesen Sport auszuüben.
Neben dem rehabilitativen Charakter, den das Tauchen für mich hat, bringt es natürlich auch viele Vorteile im sozialen Bereich. Ich habe durch den Tauchverein viele Kontakte schließen können und erlebe innerhalb des Vereins Inklusion und Integration, denn auch außerhalb des Wassers unternehmen wir Taucher einiges gemeinsam. Im September 2011 haben wir einen Weltrekord im Unterwasserkickern aufgestellt, bei dem in einem Container 37 Stunden am Stück gekickert wurde. Ich habe zwar nicht mitgespielt, meine Tauchkollegen jedoch tatkräftig angefeuert und mental unterstützt. So machen das Taucher unter sich.
Ein anderes Mal war der durch verschiedene Weltrekorde bekannte Apnoetaucher Christian Redl zu Gast bei uns im Tauchverein. Hier gab er ein Seminar zum Apnoetauchen. In diesem Seminar vermittelte er uns Techniken, durch welche es möglich wird, die Atmung zu kontrollieren und trotz Atemreiz die Luft anhalten zu können, um möglichst lange mit nur einem Atemzug unter Wasser bleiben zu können. Christian Redl ist vorher noch nie mit Menschen mit Behinderung getaucht und war erst sehr vorsichtig und skeptisch. Jedoch hat ihn das gemeinsame Erfolgserlebnis genauso überzeugt wie mich und alle anderen Teilnehmer. (Zeitungsartikel 2009.01.06 Freitauchen - ein Sport für Extremisten oder für Jedermann) Daran kann man deutlich sehen: Es lohnt sich! Das unbeschreibliche Gefühl der Schwerelosigkeit verschlägt einem schier den Atem. Und da bietet sich das Tauchen ja geradezu an…
Ihre persönlichen Ansprechpartner:
Also: Springen Sie über Ihren Schatten und tauchen Sie ab in eine andere Welt! Wenn Sie der Artikel neugierig gemacht hat, dann schauen Sie auf der Homepage des Tauchclub Aquatica e. V. Oerlinghausen vorbei, folgen Sie dem Tauchclub auf Facebook, oder treten Sie einfach mit mir in Kontakt und ich berichte und erkläre Ihnen gerne Näheres oder berate Sie zu speziellen Fragestellungen – auch außerhalb von Ostwestfalen-Lippe.